Explosive Kunst
Verformte Objecte van Sprengexperimenten werden zu Ausstellungsstü cken
Van Dennis Buchmann
Die Welt, 04 March, 2009
Verformte Objecte van Sprengexperimenten werden zu Ausstellungsstü cken
Van Dennis Buchmann
Die Welt, 04 March, 2009
Berlin - "BAM!" steht als wortgewordener Soundeffekt in gezackten Comicsprechblasen, wenn die Panzerknacker sich mit Dynamit an Dagobert Ducks Tresor zu schaffen machen. Es ist aber auch die - sehr passende – Abkürzung für die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin. Dort ereigneten sich kürzlich wieder einige Explosionen. Was zunächst profanem wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn diente, hat nun seinen Weg in die Kunst gefunden.
Die chemische Industrie fragte die BAM, wie sicher es ist, das Lösungsmittel Toluol (dessen erster Buchstabe auch im Kürzel "TNT" für Trinitrotoluol steht) mit reinem Sauerstoff zu handhaben. Auf einem ihrer Testgelände in Berlin loteten Wissenschaftler die Grenzen des Gemischs aus, indem sie es bei einem Druck zwischen zehn und 20 bar,
also dem Zehn- bis 20-Fachen des Atmosphärendrucks, mit einem elektrischen Funken zündeten. Terroristen müssten angesichts des Ergebnisses neidisch werden: Kaum 0,4 Liter Toluol genügten, um es vergleichbar einer 100 Kilogramm-TNT-Bombe krachen zu lassen.
Das Toluol wurde auf Kupfertellern in einen vier Tonnen schweren, 50 Liter großen und in Europa einzigartigen Sprengraum geschoben, der 1100 bar aushält. Dabei verformten sich die Teller zu austernförmigen Gebilden, die so bizarr aussehen, dass sie nun der Brandenburgische Kunstverein Potsdam im Rahmen der Ausstellung "Once upon a fraction of time and other stories" der Öffentlichkeit zeigt.
Chemische Sicherheitstechnik trifft hier noch bis zum 22. März 2009 auf Kunst. Während die BAM mithilfe von Sensoren allerlei explosive Daten dokumentiert hat, nahm die britische Sprengkünstlerin Aoife van Linden Tol in einer Außenstelle der BAM eine Abkürzung: Sie ließ Explosionen direkt auf Papier wirken, indem sie einzelne Seiten in den Sand legte und darüber baumelnde Sprengladungen hochjagte. Die "Daten" der Druckwelle sind auf den Papieren in Form von Schwarzpulverspuren und Ausbeulungen ebenfalls in Potsdam zu bestaunen.
Es ist zu erwarten, dass die Exponate bei Besuchern instinktiv den Gedanken "BAM!" hervorrufen.
Ausstellung "Once upon a fraction of time and other stories" noch bis zum 22. März 2009 im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam.Weitere Informationen unter: www.brandenburgischerkunstverein.de Abbildung: Was Toluol und Sauerstoff aus einer regelmäßigen Kupferscheibe machen
(c) Axel Springer AG

explosive_kunst.pdf | |
File Size: | 12 kb |
File Type: |